Welche Kriterien sind es, mit denen man die Qualität, den Wert einer Marke beurteilt? Oft bewerten wir als Erstes mit den Augen, geben dem Aussehen, dem Visuellen den Vorrang. Nicht umsonst sagt man „Das Auge ist der erste Richter“. Aus meiner Sicht ist das ein Fehler, denn wir vergeben uns viele Chancen. Meine Empfehlung: Geben wir allen Sinnen eine Chance. Wir haben fünf, nicht nur einen.
Wir im Bergwerk machen uns das jeden Tag aufs Neue bewusst. Wir reduzieren Markenarbeit nicht nur auf die Optik. Viele Kunden sind zunächst irritiert, wenn ich sie frage: Wie riecht Ihr Unternehmen? Wie schmeckt es? Die Reaktion zeigt mir, dass sich Markenverantwortliche und Unternehmer diese Frage so nicht stellen. Oft können sie sie im ersten Moment nicht beantworten. Dann folgt eine Denkpause – und schon kommen die Assoziationen. Es riecht wie ein Neuwagen, also technisch mit einer frischen, dynamischen Note. Oder: Es schmeckt nach einem feinen asiatischen Essen, ausgewogen gewürzt, um das gesamte Geschmacksspektrum anzusprechen.
Das ganze Ich Ihres Unternehmens
Verwunderung ernte ich oft auch mit meiner Aufforderung „Gehen Sie doch mal blind, also mit geschlossenen Augen, durch Ihr Unternehmen.“ Meist folgt ein Lächeln. Es zeigt mir, dass mein Gegenüber den Sinn meiner Aufforderung verstanden hat. Haben Sie es schon einmal versucht? Sie werden erstaunt sein, was Sie alles sehen und entdecken, erfühlen, hören, riechen und vielleicht auch schmecken werden. Unsere Sinne sind wunderbare Antennen, die Ihnen völlig neue Facetten Ihres Unternehmens nahebringen. Nur so lernen Sie sein ganzes Ich kennen, das die Basis für Ihre Markenarbeit sein sollte.
Natürlich gleichen auch Ihre Kunden mit allen Sinnen ab, ob ein Markenversprechen erfüllt wird. In dieser FOKUS MARKE haben wir ein Interview mit dem Sternekoch und Unternehmer Alexander Herrmann.
Seine Markenarbeit sind seine Gerichte, und die müssen sofort und immer überzeugen. Oder betrachten wir die Showrooms im gehobenen Einzelhandel. Was hier an Sinnesansprache geboten wird, geht weit über das Visuelle hinaus. In beiden Fällen erzählt die Marke eine Geschichte der Sinnlichkeit. Wenn ein Kunde das wahrnimmt und sagt „Die haben Geschmack“, hat die Markenarbeit viel erreicht.
Sinn, Sinnlichkeit, Sinnhaftigkeit
Jede Marke, jedes Produkt sollten zuallererst Sinn ergeben. Es ist die Aufgabe der Markenverantwortlichen und der betreuenden Markenagentur, die Sinnlichkeit einer Marke herauszuarbeiten und dem Kunden zu vermitteln. Wir begeben uns auf Customer Journeys und nutzen Personas, um unsere Zielgruppen und ihre Motive besser verstehen zu können. All diese Methoden sind bekannt – und trotzdem blenden wir oft einige unserer Sinne aus, die uns dann bei der Kundenansprache fehlen. Wenn wir in der Markenarbeit das VAKOG-Modell beherzigen, sprechen wir alle Sinne an: Visuell, Auditiv, Kinästhetisch, Olfaktorisch, Gustativ. Denn Begehrlichkeit weckt man nicht mit einem Sinn allein.
Wir im Bergwerk – und ich ganz persönlich – fragen stets nach der Sinnessprache einer Marke. Das ist kein Storytelling. Es geht darum, eine verständliche Botschaft für eine wunderbare und schöne Marke zu entwickeln, die viel Sinnvolles und Sinnhaftes bei den Menschen erzeugt. Bei den Mitarbeitern, bei den Kunden und Partnern – und im Idealfall für die Gesellschaft. Daher gehen wir in die Unternehmen unserer Kunden und sprechen persönlich mit so vielen Menschen wie möglich. Wir wollen die Unternehmenskultur erleben, den „Stallgeruch“ aufnehmen. Wir öffnen alle unsere Sinne, um zu verstehen, was dieses Unternehmen, was diese Marke besonders macht. Nur mit diesem Verständnis können wir Markenarbeit auf dem Niveau betreiben, das unseren Anspruch erfüllt.